Jetztodernie:DieGeschichteeinerjungenFamilieinCharkiw
– Raketen!Die Kinder sahen sich um und umarmten sich schweigend. Das Haus bebte.


Eine halbe Stunde später erfuhren wir, dass die “Grad” – Mehrfachraketenwerfer das benachbarte Wohnviertel beschossen hatten. In einem Auto wurde eine ganze Familie getötet — Eltern und zwei Kinder. Sie waren auf dem Weg zum Brunnen, um Wasser zu holen. Wir gingen von Zeit zu Zeit zu demselben Brunnen.


Zerstörte Häuser, zertrümmerte Fenster, Blut auf den schneebedeckten Gehwegen. Ich schaute mir die Fotos an und erkannte die Straßen wieder, die ich einst entlangging. Damals habe ich zum ersten Mal genau darüber nachgedacht: Wir müssen einen Weg finden, um wegzukommen.


Mein Mann und ich nahmen jeweils eine Tasche und beschlossen, sie in die Wohnung zu bringen, während das Kind bei unseren Freunden im Keller war. Als wir den Eingang zum Haus erreichten, sauste ein Jet über uns.
Ich kann mich nicht daran erinnern, wie wir ins Haus gerannt sind oder wie ein Paar mit einem Hund zu uns in die Wohnung gesprungen ist. In wenigen Minuten hörten wir furchtbare Detonationen. Ich war aufgeregt und stotterte, ich hatte nur eines im Kopf: – Ich bin jetzt nicht bei meinem Kind. Ein höllischer Moment, den ich nie vergessen werde.


Ich habe in dieser Nacht kein Auge zugetan. Unsere Nachbarn begannen bei Tagesanbruch nervös die Sachen zu packen. Allein der Gedanke, dass wir unser Heim verlassen mussten, hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber die Angst um mein Kind ließ mir keine andere Wahl.
Wir haben vergessen, die Hausschuhe, Skizzenbücher, Spiele und Stifte der Kinder aus dem Keller zu holen, als wir nach oben gingen. In einer halben Stunde waren dann alle unsere Sachen fertig. Wir ließen fast alles zurück, was in der letzten Zeit wichtig gewesen war. “Mama, warum hast du es so eilig? Warum weinst du? Ich habe Angst!” Das Kind zitterte, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.


Als wir schließlich das Haus verließen, um in unser Auto zu steigen, begannen die Explosionen erneut.
“Jetzt oder nie”, mein Mann griff mich an meiner Hand, und wir stiegen ins Auto ein.
Es gibt noch viele andere wie wir. Die mit Sachen beladenen Autos, an denen Zettel mit der Aufschrift “Kinder” befestigt waren. Alle fahren leise und vorsichtig, als ob sie sich in einen Rettungsfaden einspinnen würden. Auf einmal begriff ich, dass wir alle, Hunderte von Menschen in diesem rettenden Stau, Zielscheiben für die Militärtruppen sind.
Hinter uns liegt eine Millionenstadt. Charkiw. Ein großes, ungebeugtes Ziel.
DAS IST EINE ÜBERLEBENSGESCHICHTE. ABER TAUSENDE VON UKRAINERN WERDEN IHRE GESCHICHTEN NICHT ERZÄHLEN KÖNNEN — DIE RUSSEN HABEN SIE GETÖTET. VERBREITEN SIE DIE WAHRHEIT. HELFEN SIE UNS, RUSSLAND WEGEN KRIEGSVERBRECHEN VOR GERICHT ZU STELLEN.
*Alle Berichte sind wahr und stammen aus Interviews, Erzählungen, Aufzeichnungen und persönlichen Blogs. Den Originalbericht in UA finden Sie hier.